Die folgende Rede hielt der Fraktionsvorsitzende der FRAKTION P² (Die PARTEI | PIRATEN) Maximilian P. Hahn (Die PARTEI) anlässlich der Haushaltsberatungen 2019 im Rat der Stadt Braunschweig am 18.12.2018

Meine Damen und Herren,
es folgt nun eine kleine Top 10-Liste der möglichen Alternativvorschläge zur Erhöhung der Einnahmenseite statt der Einsparmaßnahmen der CDU:

Top10: Wir alle sparen uns ein Jahr den Gang zum Friseur und geben das Ersparte bei der Stadtkasse ab. Das macht sich im Stadtsäckel bemerkbar und erhöht auch die Erfolgsquote auf Tinder.

Top 9: CO2 gibt es gar nicht. Wir würden immens viel Geld auf kommunaler Ebene sparen, wenn wir die Existenz von CO2 und seiner Verursacher verleugnen. Keine Investitionen mehr in Bäume und Grünflächen oder den ÖPNV. Von weiteren Motoren etc. will ich jetzt gar nicht erst anfangen.

Top 8: Noch einen Fluchhafen bauen. Lärm und Luftverschmutzung wären positive Nebeneffekte, das schafft und sichert Arbeitsplätze, so etwas kommt super bei der Bevölkerung an und bringt auch noch Geld in die Kommune.

Top 7: Einfach Morgens und Abends Aronal benutzen. Das Ersparte, wie oben schon erwähnt bei der Stadtkasse abgeben.

Top 6: Alle Laufrouten in Braunschweig werden mit Stadion-Flutern beleuchtet – Nutzung natürlich nur gegen Eintritt. Das erspart nicht nur Zeit beim Laufen, weil man ja endlich sieht, wo es hin geht, sondern hilft auch noch bei Suche nach dem Geld, welches den Läufern bei den Abend- oder Morgenläufen auf den Taschen purzelt – abzugeben natürlich bei der Stadtkasse.

Top 5: Vermietung des Stadions an die Fussballvereine der Nachbarstädte. Die finanzielle Not klopft auch an deren Tür – das sollten wir uns zu Nutze machen. Die anderen Kommunen sparen sich ein eigenes Stadion und wir verdienen an den Einnahmen – Nur für die Sicherheit müssen sie bitte selbst sorgen.

Top 4: Auch an dieser Stelle sei noch einmal an den von uns gestellten Antrag auf die Kaufkraftkontrollen in der Innenstadt hingewiesen und die daraus erzielbaren Erlöse – aber die wollten Sie ja nicht!

Top 3: Lassen Sie uns Schloss Richmond verkaufen. Nachdem die Marienburg derzeit doch nicht zum Verkauf steht, haben wir gute Chancen und Verkauf von Tafelsilber und Privatisierung hat in Braunschweig ja schon fast Tradition.

Top 2: Sparen wir uns – spart zwar kein Geld, aber Zeit!

Top 1: Dem Haushalt zustimmen: Tatsächlich besteht hier heute für uns alle die Möglichkeit dem Haushaltsentwurf mit seinen Änderungen zu zu stimmen. Was das mit Erhöhung der Einnahmenseite zu tun hat? Lesen Sie ihn, lesen Sie ihn ganz und die Pressemitteilung der Stadt zum Thema Konsolidierung – Vielleicht verstehen Sie dann, dass unserer Stadt eine Zustimmung zum Haushalt langfristig mehr bringt als eine Ablehnung.

Lassen Sie mich kurz über das Sparen reden:
Sparen bringt nichts, denn ohne Schulden gäbe es gar keinen Wert, wir haben es eben mal wieder im Bericht des Stadtkämmerers gehört.

Worüber aufregen?
Dass wir natürlich nicht mit allen im Haushalt aufgeführten Positionen einverstanden sind, versteht sich von selbst, aber:
Braunschweig geht es ganz okay.
Der Haushalt ist rechnerisch ausgeglichen.
Worüber wollen wir uns denn dann überhaupt aufregen?

– Eigentlich ist ja alles ganz okay – dieses Jahr
– Die Lage ist ganz okay – dieses Jahr
– Die Investitionen laufen ganz okay – dieses Jahr
– Ist doch super und super ist ja eigentlich ganz gut.

Was ist dann das Problem?
So einfach die Fragestellung – so schwer die Antwort:
Das Problem ist die kurzfristige Denkweise – ein Haushaltsjahr, eine Ratsperiode…Verantwortung nur für eine begrenzte Zeit
Dabei gibt es einiges, was im Argen liegt – seit langem und vermutlich noch für lange Zeit – leider.
Lassen Sie mich beginnen mit einem brandaktuellen Thema:

Umweltschutz
Umwelt- und Klimaschutz, ja Sie haben richtig gehört: KLIMASCHUTZ.
Seit 1980 ist das eine gesellschaftlich zentrale Frage. Und es ist immer noch ein epochal-typisches Schlüsselproblem unserer Gegenwart. CO2-Bilanzen werden beim morgendlichen Blick in der Zeitung mittlerweile genauso studiert wie der DAX. Woran liegt es denn nun? Sind es die Islamisten, die ihre langen Bärte mit zu viel Haarspray stylen oder sind es doch die Rodungen der Wälder, die für Sojaanbauplantagen oder Palmöl weichen müssen?

Hier – in Braunschweig – werden wir die Frage nicht beantworten können, aber: Stichwort kommunaler Bezug:
Xavier hat den ganzen Hagenmarkt wegrasiert und wir lassen die Bäume in der Jasperallee alle ausmerzen? Warum nicht Synergieeffekte nutzen? Ich hab Ihnen hier einmal extra 3 aufgelistet:

  • 1. Reinigung: Nach einer ordentlichen chemischen Reinigung sind die Bäume doch noch gut.
  • 2. Wieder- oder Anschlussverwendung: Diese könnten dann im Hagenmarkt wieder eingepflanzt werden und
  • 3. Neuplanung Jasperallee: Hier könnten dann endlich die innerstädtischen Parkplätze gebaut werden, die sich viele so sehr wünschen.

Sie sehen, wir müssen die Dinge viel häufiger aus allen Perspektiven betrachten – also eigentlich ständig und nicht immer nur das Offensichtliche sehen oder das, was wir erwarten zu sehen. Kommen wir nun zum eigentlichen Thema:

Die Wirtschaft
Wer schützt denn eigentlich die Wirtschaft? Oftmals spricht man schließlich auch von der Akkumulation von Humankapital.
Herrlich, Humankapital ist doch das Größte. Gut, dass wir so etwas haben. Und für den Erhalt dieses Kulturgutes, also dieser Kultur haben wir ja den Antrag zum Karneval gestellt. Es handelt sich schließlich um eine Wirtschaftsförderung. Wir wollten den Karneval doch nur retten und ihm den Stellenwert geben, den er verdient hat. Meine Güte, wurden wir missverstanden und was wurde alles in diesen Antrag hinein interpretiert. Unser Antrag hätte Anderen auch die Möglichkeit geben, am Schoduvel teilzuhaben, schließlich ist er weit über die Grenzen Braunschweigs bekannt und wird live übertragen. Wenn hier nur ein Förderer abspringt, gibt es mit Sicherheit zig neue, die sich diese Werbemassnahme einiges kosten lassen würden. Und wir würden doch niemals diesen Goldesel aufs Schafott führen – mit Sicherheit nicht.

Apropos Sicherheit
Lassen Sie mich noch ein Wort zum Thema Innere Sicherheit verlieren. Das Niedersächsische Polizeigesetz wird kommen. Endlich wird hart durchgegriffen. Endlich wird alles wieder gut. Endlich wird alles wieder wie früher. Wir träumen schon lange von etwas mehr Autorität. Viel zu lange durften wir tun und lassen was das Grundgesetz uns erlaubte. Und dass das selbst vielen im Rat der Stadt Braunschweig zu weit ging, zeigt ja die beschlossenen Änderungen der Satzung über die Sondernutzung von öffentlichen Straßen und Plätzen – Sie erinnern sich: Musizieren, Definition von „Lagern“, Dauer von sozialen Interaktionen?

Braunschweig schließt sich hier der Marschrichtung der Landesregierung an. Im diesjährigen Haushalt wurden noch mehr Stellen für den Zentralen Ordnungsdienst eingestellt, um weiterhin die gefühlte Sicherheit und Stabilität nach außen zu vermitteln.

Wo das hinführt?
Vielleicht zum Ersten Galaktischen Imperium in Braunschweig.
Was das bedeutet? Dass wir auch mit Haushaltsmitteln die Freiheiten beschneiden.
Fragen Sie sich zukünftig doch bitte vor solchen Entscheidungen: Tut das Not angesichts der Verluste freiheitlicher Errungenschaften in ganz Europa? Im Kleinen wie im Großen?

Verlustangst hatte auch mein Redenschreiber. Aus Angst vor den Stellen-Sparmaßnahmen der CDU hat er sich in den frühzeitigen Ruhestand verabschiedet, so ist nun meine Rede vielleicht an der einen oder anderen Stelle nicht ganz rund – aber egal, dann improvisieren wir halt.

Nicht improvisieren dürfen wir bei der anstehenden Konsolidierung. Und damit diese Hand und Fuss hat brauchen wir Zeit, Unterstützung und Geld. Wir müssen also investieren, um sparen zu können. Klingt komisch – ist aber so. Sie haben das verstanden? Dann stimmen Sie für den Haushalt. Ich werde es tun. Vielen Dank.