Das Projekt „Stadthalle“ geht in die nächste Runde: Zur Zeit steht die Frage nach einer Sanierung oder einem Neubau sowie die Realisierung in Eigenleistung oder aber in Form eines Partnerschaftsmodells im Raum. Die erste Beratung dazu fand letzte Woche im Finanz- und Personalausschuss statt. [1] Die Entscheidung im Fachausschuss wurde vertagt und ein weiterer Termin zur Beratung auf den 12.12.2017 gelegt.

DIE FRAKTION P² (Die PARTEI, PIRATEN) bemängelt: Die vorgelegte Machbarkeitsstudie kam zu kurzfristig und führt derzeit zu wenig Aspekte aus, als dass man damit über ein solches Millionenprojekt jetzt adäquat entscheiden könnte. Sie betrachtet die Stadthalle isoliert und unabhängig weiterer städtischer bereits vorhandener Konzepte. Der Antrag auf Vertagung wegen weiterem Beratungsbedarf wurde daher im Ausschuss von Ratsherrn Christian Bley eingebracht und einstimmig angenommen.

„Bei einem Projekt dieser Größenordnung halte ich ein Passieren der Vorlage ohne Beschlussempfehlung für unzureichend. Daher sollte der Fachausschuss eine Beschlussempfehlung nach nochmaliger Beratung aussprechen. Das sollte der Antrag auf Vertagung nun ermöglichen. Ich sehe nicht die dargestellte Dringlichkeit einer Abstimming noch in diesem Jahr, schließlich ist die Stadthalle ja nicht von akuter Schließung wegen Mängeln bedroht. Die vorgelegten Untersuchungsergebnisse greifen zu kurz, als dass ich mich in der Lage sehe, über ein solches Millionenprojekt adäquat entscheiden zu können. Bis zur erneuten Beratung im Fachausschuss am 12.12.2017 sollten wir die Unterlagen über die Kriterien und detaillierten Ergebnisse der Prüfung von Neubauten an anderen Standorten vorliegen haben – auch vor dem Hintergrund der diversen Konzepte, die wir für die Stadt Braunschweig haben zum Beispiel Stadtbahnausbaukonzept, Wohnraumversorgungskonzept etc. Auch im ISEK werden ja sicherlich zu dem Stadtquartier Aussagen enthalten sein. Wir können doch solch ein Projekt nicht isoliert betrachten, als wenn es in der Stadt keine anderen Probleme gibt, für die ein Neubau andererorts vielleicht Lösungen bereithält“, erklärt Christian Bley, Mitglied im Finanz- und Personalausschuss.

„Die Beratungen zielen auf die Ratsentscheidung im Dezember für eine Sanierung der Stadthalle ab – und damit gegen einen Neubau, egal an welcher Stelle in Braunschweig. Die Lebenszyklusbetrachtung der Sanierungsmaßnahme liegt bei 20 Jahren. Ob die Stadthalle danach überhaupt noch einmal saniert werden kann ist offen. Bei einem Neubau wären 30 Jahre Nutzung plus weiteren 20 Jahren nach einer Sanierung möglich: Also 50 Jahre Nutzungsdauer. Auch sind wir nicht gefeit vor negativen Überraschungen während der Sanierung des vorhandenen Stadthallengebäudes. Diese können die Kosten über den eingeplanten Risikobetrag in die Höhe treiben und somit den Differenzbetrag zum Neubau noch einmal verringern. Daher halte ich es – bei vergleichsweise geringen Mehrkosten und der viel längeren Nutzungsdauer eines Neubaus – durchaus für eine Option hier genauer hinzuschauen“, führt Bley aus.

In der Beschlussvorlage sowie in der Pressemeldung der Stadt wird nur am Rande auf einen möglichen Neubau andererorts eingegangen, allerdings in abschlägiger Form. Steht dort doch zu lesen: „„Im Stadtgebiet gibt es keinen anderen Standort, der besser oder mindestens in gleichem Maße geeignet wäre.“ [2]

„Ein Neubau an anderer Stelle wird seitens der Stadtverwaltung rigoros mit dem Argument einer schlechteren Anbindung an den Hauptbahnhof ausgeschlossen. Und das, obwohl wir uns mitten in der Realisierung des Stadtbahnausbaukonzeptes befinden. Möglicherweise findet man aber Neubau-Standorte, die durch den ÖPNV gut an den Hauptbahnhof angeschlossen sind oder später sein werden“, erläutert der Fraktions-vorsitzende Maximilian P. Hahn, seinen Kritikpunkt an der Machbarkeitsstudie.

„Eine vorherige Klärung, ob sich nicht auch Synergieeffekte mit einer Neubau-Entscheidung erreichen ließen, findet nicht statt. Eine Betrachtung weiterer städtischer Probleme, die die Entscheidung beeinflussen könnten – beispielsweise der Wohnraummangel – findet ebenfalls nicht statt. Denn ein Stadthallen-Neubau an anderer Stelle würde die Möglichkeit eröffnen, auf der freigewordenen Fläche zum Beispiel Wohnhäuser zu errichten.

Ein Hallen-Neubau, zum Beispiel auf dem derzeitigen Messegelände hätte aus meiner Sicht mehr Vorteile als Nachteile: Eine zwischenzeitliche Schließung der jetzigen Stadthalle würde nicht stattfinden und somit auch kein Ausfall von Veranstaltungen. Der Neubau könnte nach den tatsächlichen Bedarfen von Veranstaltungsflächen ausgeführt werden. Außerdem hätten wir ein geringeres finanzielles Risiko, denn Sanierungen bergen oftmals unliebsame Überraschungen. Und im Beispiel des Messeplatzes ist sogar die Autobahnanbindung eine bessere. Ausreichend Hotels unterschiedlicher Preisklassen sowie Parkplätze, ÖPNV-Anbindung, Grünflächen mit Oker, Ringgleis etc. sind ebenfalls schon vorhanden“, verdeutlicht Hahn.

Auch für den derzeitigen Stadthallen-Standort hat der Ratsherr Ideen zur Weiternutzung: „Dort könnte zum Beispiel Wohnraum entstehen. Aufgrund der Nähe zum BraWo-Park, der Toblerone sowie den Hochhäusern an der Kurt-Schumacher-Straße würden sich Häuser mit 7 und mehr Geschossen gut in das dortige Stadtbild integrieren und nur geringer Grundstücksflächen bedürfen. Auch unter Berücksichtigung des bereits existierenden guten sozialen Gefüges und der Lage ist mit einer Ausbildung eines soziales Brennpunktes durch den Bau von hohen Wohngebäuden mit vielen Wohnungen nicht zu rechnen. Außerdem ist bereits eine gute Infrastruktur vorhanden. Das ist nur ein Beispiel, aber es soll aufzeigen, dass wir nicht wie im luftleeren Raum agieren können. Solche Entscheidungen sind eben nicht unabhängig von anderen Problemfeldern zu treffen. Auch können wir bereits bestehende Konzepte der Stadt nicht einfach so über den Haufen werfen, indem wir Tatsachen schaffen, die zwanzig Jahre fortbestehen werden. Außerdem wäre bei dem Neubau einer optisch ansprechenden Halle so keine ästhetische Optimierung notwendig. Denn viele Bürgerinnen und Bürger sind sich einig: Schön ist der bestehende Klotz nicht“, so der Fraktionsvorsitzende abschließend.

Abzuwarten bleibt, ob die Antworten der Stadtverwaltung bis zur nächsten Sitzung des Finanz- und Personalausschusses zur Klärung beitragen können oder sich während der Beratungen seitens der Fraktionen noch neue Fragen ergeben.

Quellen:
[1] https://ratsinfo.braunschweig.de/ri/vo020.asp?VOLFDNR=1007909
[2] http://m.braunschweig.de/politik_verwaltung/nachrichten//stadthalle