Bürgerrechte schützen – 1984 ist nicht als Anleitung gedacht!
Auf Initiative der FRAKTION P² (Die PARTEI | PIRATEN) wird am kommenden Dienstag in der Braunschweiger Ratssitzung eine interfraktionelle Resolution – zusammen mit der Fraktion Die Linke. und der BiBS-Fraktion – beraten. Die drei Antragsteller wollen damit eine öffentliche Stellungnahme der Stadt Braunschweig gegen das geplante neue Niedersächsische Polizei- und Ordnungsbehördengesetz (NPOG) erreichen. [1]
1984 ist nicht als Anleitung gedacht!
Zahlreiche Bündnisse haben sich gegen die Novellierung des Polizeigesetzes und seine Unverhältnismäßigkeit gebildet, so auch in Braunschweig unter Beteiligung von BiBS, Die Linke., Die PARTEI und PIRATEN. Unterstützung in der Kritik erhalten sie von Richtern, Rechts- und Staatsanwälten, Bürgerrechtlern, der niedersächsischen Datenschutzbeauftragten und nun auch vom Gesetzgebungs- und Beratungsdienst des Nds. Landtags. [2,3,4,5,6]
„Mit dem derzeitigen Entwurf erhielte die Polizei dermaßen weitreichende Befugnisse, die schwersten Eingriffe in die Grund- und Bürgerrechte ermöglichten. Er öffnet dem Überwachungsstaat à la „1984“ Tür und Tor und hebelt die Unschuldsvermutung praktisch aus. Die Prinzipien und Werte unserer rechtsstaatlichen Demokratie, die freiheitlich demokratische Grundordnung zu schwächen – vorsätzlich und vor dem Hintergrund einer polarisierten Gesellschaft – denkt bitte mal jemand weiter, wohin dieses Gesetz führen könnte? Wir lehnen dieses Gesetz ab!“, erklärt der Fraktionsvorsitzende Maximilian P. Hahn.
Freiheit statt Angst
Während die Befürworter behaupten, die vorgesehenen Gesetzesverschärfungen würden der Terrorabwehr dienen, ist es nicht nur für die Antragsteller sehr fragwürdig, ob das NPOG überhaupt Lösungen im Kampf gegen Terror anbietet. Vielmehr steht zu befürchten, dass jeder – wirklich Jeder – ins Visier der Polizeibehörden geraten könnten.
Christian Bley (PIRATEN) kritisiert die ganze Vorgehensweise:
„Hier werden wieder mal irrationelle Ängste vor Terror geschürt und benutzt, um Begründungen für das Aufweichen von Privatsphäre und Datenschutz zu haben. Dieser populistischen Zug der Forderungen nach mehr Sicherheit wird aber die Terror-Angst in der Bevölkerung nicht mindern, sondern sie manifestieren – und uns Allen gleichzeitig die Freiheit nehmen, selbstbestimmt zu leben.“
Massivste Grundrechtseingriffe seit 1945
Auch auf Bundesebene wird derzeit ein „Musterpolizeigesetz“ geplant, welches sich am bayrischen Polizeiaufgabengesetz orientieren soll – an einem Gesetz, das nach Einschätzung vieler Rechtswissenschaftler die massivsten Grundrechtseingriffe seit 1945 ermöglicht. [7]
Braunschweig darf jetzt nicht schweigen!
„Polizeibehörden selbst könnten damit Verdächtige definieren und überwachen und festhalten! Das befördert eine mehr als bedenkliche Machtverschiebung innerhalb der Gewaltenteilung. Und diese Gewaltenteilung haben wir in Deutschland ja nicht ohne Grund! Somit hat Braunschweig mit seiner Geschichte geradezu die Pflicht sich gegen derartig gestaltete neue Polizeigesetze zu positionieren und hierzu nicht zu schweigen“, führt Ratsherr Bley die Beweggründe gegen die Novellierungsversuche in Bund und Land aus.
Kommunaler Widerstand gegen den Landesentwurf
Der Widerstand gegen das niedersächsische Polizeigesetz wächst auch in den Kommunen.
Der Rat der Stadt Göttingen hat sich bereits gegen die geplanten Verschärfungen des Polizeirechts und für den Erhalt der persönlichen Freiheiten ihrer Bürger positioniert. Daneben gibt es auch im Rat der Landeshauptstadt Hannover parlamentarische Initiativen unter Beteiligung von PIRATEN und Die PARTEI, die eine Abkehr von den Planungen der Landesregierung fordern. [8,9]
Dazu Maximilian P. Hahn (Die PARTEI):
„All dies sowie die zahlreichen Veranstaltungen, Aufklärungsschreiben und Stellungnahmen zum Gesetzesentwurf, die vielen Demonstrationen – auch in Braunschweig – machen eines deutlich: wie wichtig es ist, sich über die weitreichenden Auswirkungen dieses Gesetzesentwurfes – gerade für die freiheitliche Demokratie und die Gewaltenteilung – im Klaren zu sein, denn dann kann man es nur ablehnen!“
Zurückrudern in NRW, Thüringen und Bremen
Auch andererorts in Deutschland hat man bereits bemerkt, dass die Gesetzesentwürfe der Länder zu heftiger Kritik führen. Daher wird der NRW-Entwurf gerade entschärft – findet aber trotzdem nicht die Zustimmung der SPD. In Bremen wurden weitere Beratungen ausgesetzt, da die Grünen nicht bereit waren, mit dem Landesentwurf in das Gesetzgebungsverfahren einzutreten. Und in Thüringen sah die SPD gar nicht erst den Bedarf, die Gesetze zu verschärfen. [10,11,12]
Quellen:
[1] https://ratsinfo.braunschweig.de/bi/vo020.asp?VOLFDNR=1011298
[2] https://niedersachsentrojaner.de
[3] https://nds-bremen.verdi.de/themen/++co++3fa2f20c-a512-11e8-aed1-52540066e5a9 – siehe Download
[4] https://www.lfd.niedersachsen.de/startseite/allgemein/presseinformationen/stellungnahme_polizeigesetz/entwurf-zum-neuen-polizeigesetz-2018-167435.html
[5] https://netzpolitik.org/2018/das-steckt-drin-uebersicht-zum-neuen-polizeigesetz-in-niedersachsen/
[6] https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/Landtagsjuristen-Polizeigesetz-hoechst-bedenklich,polizeigesetz282.html
[7] https://www.wiwo.de/politik/deutschland/musterpolizeigesetz-das-musterpolizeigesetz/19965694-2.html
[8] https://e-government.hannover-stadt.de/lhhsimwebre.nsf/DS/2475-2018
[9] http://www.stadtradio-goettingen.de/redaktion/nachrichtenarchiv/2018/september_2018/goettinger_rat_stimmt_fuer_resolution_gegen_neues_polizeigesetz
[10] https://www.nrz.de/region/geplantes-nrw-polizeigesetz-steht-weiter-in-der-kritik-id215608697.html
[11] https://www.weser-kurier.de/bremen/bremen-stadt_artikel,-bremer-gruene-bremsen-neues-polizeigesetz-aus-_arid,1723238.html
[12] https://www.mdr.de/nachrichten/politik/regional/polizeiaufgabengesetz-thueringen-bleibt-100.html
Bürgerrechte schützen – 1984 ist nicht als Anleitung gedacht!
Auf Initiative der FRAKTION P² (Die PARTEI | PIRATEN) wird am kommenden Dienstag in der Braunschweiger Ratssitzung eine interfraktionelle Resolution – zusammen mit der Fraktion Die Linke. und der BiBS-Fraktion – beraten. Die drei Antragsteller wollen damit eine öffentliche Stellungnahme der Stadt Braunschweig gegen das geplante neue Niedersächsische Polizei- und Ordnungsbehördengesetz (NPOG) erreichen. [1]
1984 ist nicht als Anleitung gedacht!
Zahlreiche Bündnisse haben sich gegen die Novellierung des Polizeigesetzes und seine Unverhältnismäßigkeit gebildet, so auch in Braunschweig unter Beteiligung von BiBS, Die Linke., Die PARTEI und PIRATEN. Unterstützung in der Kritik erhalten sie von Richtern, Rechts- und Staatsanwälten, Bürgerrechtlern, der niedersächsischen Datenschutzbeauftragten und nun auch vom Gesetzgebungs- und Beratungsdienst des Nds. Landtags. [2,3,4,5,6]
„Mit dem derzeitigen Entwurf erhielte die Polizei dermaßen weitreichende Befugnisse, die schwersten Eingriffe in die Grund- und Bürgerrechte ermöglichten. Er öffnet dem Überwachungsstaat à la „1984“ Tür und Tor und hebelt die Unschuldsvermutung praktisch aus. Die Prinzipien und Werte unserer rechtsstaatlichen Demokratie, die freiheitlich demokratische Grundordnung zu schwächen – vorsätzlich und vor dem Hintergrund einer polarisierten Gesellschaft – denkt bitte mal jemand weiter, wohin dieses Gesetz führen könnte? Wir lehnen dieses Gesetz ab!“, erklärt der Fraktionsvorsitzende Maximilian P. Hahn.
Freiheit statt Angst
Während die Befürworter behaupten, die vorgesehenen Gesetzesverschärfungen würden der Terrorabwehr dienen, ist es nicht nur für die Antragsteller sehr fragwürdig, ob das NPOG überhaupt Lösungen im Kampf gegen Terror anbietet. Vielmehr steht zu befürchten, dass jeder – wirklich Jeder – ins Visier der Polizeibehörden geraten könnten.
Christian Bley (PIRATEN) kritisiert die ganze Vorgehensweise:
„Hier werden wieder mal irrationelle Ängste vor Terror geschürt und benutzt, um Begründungen für das Aufweichen von Privatsphäre und Datenschutz zu haben. Dieser populistischen Zug der Forderungen nach mehr Sicherheit wird aber die Terror-Angst in der Bevölkerung nicht mindern, sondern sie manifestieren – und uns Allen gleichzeitig die Freiheit nehmen, selbstbestimmt zu leben.“
Massivste Grundrechtseingriffe seit 1945
Auch auf Bundesebene wird derzeit ein „Musterpolizeigesetz“ geplant, welches sich am bayrischen Polizeiaufgabengesetz orientieren soll – an einem Gesetz, das nach Einschätzung vieler Rechtswissenschaftler die massivsten Grundrechtseingriffe seit 1945 ermöglicht. [7]
Braunschweig darf jetzt nicht schweigen!
„Polizeibehörden selbst könnten damit Verdächtige definieren und überwachen und festhalten! Das befördert eine mehr als bedenkliche Machtverschiebung innerhalb der Gewaltenteilung. Und diese Gewaltenteilung haben wir in Deutschland ja nicht ohne Grund! Somit hat Braunschweig mit seiner Geschichte geradezu die Pflicht sich gegen derartig gestaltete neue Polizeigesetze zu positionieren und hierzu nicht zu schweigen“, führt Ratsherr Bley die Beweggründe gegen die Novellierungsversuche in Bund und Land aus.
Kommunaler Widerstand gegen den Landesentwurf
Der Widerstand gegen das niedersächsische Polizeigesetz wächst auch in den Kommunen.
Der Rat der Stadt Göttingen hat sich bereits gegen die geplanten Verschärfungen des Polizeirechts und für den Erhalt der persönlichen Freiheiten ihrer Bürger positioniert. Daneben gibt es auch im Rat der Landeshauptstadt Hannover parlamentarische Initiativen unter Beteiligung von PIRATEN und Die PARTEI, die eine Abkehr von den Planungen der Landesregierung fordern. [8,9]
Dazu Maximilian P. Hahn (Die PARTEI):
„All dies sowie die zahlreichen Veranstaltungen, Aufklärungsschreiben und Stellungnahmen zum Gesetzesentwurf, die vielen Demonstrationen – auch in Braunschweig – machen eines deutlich: wie wichtig es ist, sich über die weitreichenden Auswirkungen dieses Gesetzesentwurfes – gerade für die freiheitliche Demokratie und die Gewaltenteilung – im Klaren zu sein, denn dann kann man es nur ablehnen!“
Zurückrudern in NRW, Thüringen und Bremen
Auch andererorts in Deutschland hat man bereits bemerkt, dass die Gesetzesentwürfe der Länder zu heftiger Kritik führen. Daher wird der NRW-Entwurf gerade entschärft – findet aber trotzdem nicht die Zustimmung der SPD. In Bremen wurden weitere Beratungen ausgesetzt, da die Grünen nicht bereit waren, mit dem Landesentwurf in das Gesetzgebungsverfahren einzutreten. Und in Thüringen sah die SPD gar nicht erst den Bedarf, die Gesetze zu verschärfen. [10,11,12]
Quellen:
[1] https://ratsinfo.braunschweig.de/bi/vo020.asp?VOLFDNR=1011298
[2] https://niedersachsentrojaner.de
[3] https://nds-bremen.verdi.de/themen/++co++3fa2f20c-a512-11e8-aed1-52540066e5a9 – siehe Download
[4] https://www.lfd.niedersachsen.de/startseite/allgemein/presseinformationen/stellungnahme_polizeigesetz/entwurf-zum-neuen-polizeigesetz-2018-167435.html
[5] https://netzpolitik.org/2018/das-steckt-drin-uebersicht-zum-neuen-polizeigesetz-in-niedersachsen/
[6] https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/Landtagsjuristen-Polizeigesetz-hoechst-bedenklich,polizeigesetz282.html
[7] https://www.wiwo.de/politik/deutschland/musterpolizeigesetz-das-musterpolizeigesetz/19965694-2.html
[8] https://e-government.hannover-stadt.de/lhhsimwebre.nsf/DS/2475-2018
[9] http://www.stadtradio-goettingen.de/redaktion/nachrichtenarchiv/2018/september_2018/goettinger_rat_stimmt_fuer_resolution_gegen_neues_polizeigesetz
[10] https://www.nrz.de/region/geplantes-nrw-polizeigesetz-steht-weiter-in-der-kritik-id215608697.html
[11] https://www.weser-kurier.de/bremen/bremen-stadt_artikel,-bremer-gruene-bremsen-neues-polizeigesetz-aus-_arid,1723238.html
[12] https://www.mdr.de/nachrichten/politik/regional/polizeiaufgabengesetz-thueringen-bleibt-100.html