Die Piratenpartei achtet die individuelle Freiheit als hohes Gut und möchte den Konsumenten beziehungsweise die Allgemeinheit unmittelbar in die Verantwortung nehmen, auch in Zeiten der möglichen kostenlosen Vervielfältigung, Leistungen angemessen zu honorieren. Wir stehen gegen Bestrebungen, alle Nutzer von Tauschbörsen zu kriminalisieren und die individuelle Freiheit im Internet durch weitreichende Verbote und Überwachung zu beschneiden. Unser Ziel ist es, einen fairen Ausgleich zwischen Urhebern und Nutzern zu erreichen und somit die Schaffung von Kunst, Kultur und Wissenschaft auch in Zukunft zu fördern.
Urheber- und Verwertungsrechte
In Deutschland, anders als beispielsweise in den USA, wird zwischen dem Urheberpersönlichkeitsrecht und den Verwertungsrechten unterschieden. Erstere umfassen die persönlichen Rechte des Urhebers an seinem Werk, sie sind unveräußerlich. Die Verwertungsrechte sind hingegen handelbar. Der Urheber kann sie an einen Rechteverwerter (Verlag, Plattenlabel) in Teilen oder als Ganzes (in einem sogenannten Buyout-Vertrag) veräußern. Dazu gehören Vervielfältigungsrechte, Nutzungsrechte, Zweitverwertungsrechte und Ähnliches.
Die im Urheberrechtsgesetz festgeschriebenen Regelungen schränken die Rechte der Allgemeinheit an der Verwendung von Wissen und Informationen ein. Eine solche Einschränkung ist in gewissem Umfang gerechtfertigt, falls sie den Interessen der Urheber von Werken dient. Keinesfalls aber darf sie einseitig zugunsten wirtschaftlicher Interessen Dritter stattfinden. Die derzeitigen Regelungen führen trotz eines stetig wachsenden Kulturgütermarktes bisher noch selten dazu, dass die Urheber angemessen an den daraus entstehenden Einnahmen beteiligt werden. Daher setzen wir uns für eine Stärkung der Urheber gegenüber Rechteverwertern in Form eines Urhebervertragsrechtes ein.
Privatkopie und nichtkommerzielle Vervielfältigung
Für die Freigabe von nichtkommerziellen Vervielfältigungen sprechen aus unserer Sicht zwei gewichtige Argumente:
1. Der freie Zugang zu Wissen und Kultur ist entscheidend für die Entwicklung der Gesellschaft. Ihn aus rein wirtschaftlichen Überlegungen einzuschränken, ist gesellschaftlich nicht tragbar. Mit der Entwicklung immer neuer Technologien (vom Buchdruck zu Ton- und Videoaufnahme bis schließlich hin zur Digitalisierung und des Internets) wird die Verbreitung von Informationen fortwährend erleichtert. Das ist eine begrüßenswerte Entwicklung, die gefördert und nicht durch Gesetze verhindert werden darf.
2. Immer wieder aufkommende Vorschläge zu Maßnahmen wie Vorratsdatenspeicherung, Netzsperren oder Sperrung von Internetanschlüssen ganzer Haushalte in Verbindung mit Urheberrechtsverletzungen zeigen, dass die restriktive Durchsetzung von Urheberrechten im nichtkommerziellen Bereich eine Überwachungsinfrastruktur im Internet, eine Einschränkung der Kommunikationsfreiheit und Eingriffe in die Privatsphäre der Bürger erfordern würde, die weder akzeptabel noch verhältnismäßig sind.
Zahlreiche Studien belegen berechtigte Zweifel an der von Wirtschaftsverbänden verbreiteten Vorstellung, den Kreativen würden durch Filesharing erhebliche Verluste entstehen. Einige Studien zeigen sogar das Gegenteil. Insbesondere werden immer wieder die positiven Effekte der freien Verfügbarkeit von Inhalten ausgeblendet und bestehende Vertriebs- und Geschäftsmodelle als einziger Maßstab genommen. Die großen Unternehmen der Branche widmen sich eher dem Kampf gegen eine freiere Verbreitung von Kulturgütern, statt die Weiterentwicklung zeitgemäßer Modelle voranzutreiben.
Insgesamt sehen wir keinerlei Beleg dafür, dass durch die Entkriminalisierung von Filesharing ein Einbruch in den kreativen Branchen stattfindet. Die Verbreitung von Tauschbörsen ist bereits jetzt so hoch, dass ein solcher Einbruch schon hätte stattfinden müssen, was jedoch ausgeblieben ist – im Gegenteil wächst der Kulturgütermarkt beständig, lediglich der Absatz unzeitgemäßer Medien, wie Musik-Kassetten und -CDs, wurde schwieriger.
Das Recht auf Privatkopie, das zwar formell im UrhG §53 gegeben ist und die Grundlage für die Erhebung von Abgaben auf Leermedien und Kopiergeräte darstellt, wird durch Kopierschutzmaßnahmen systematisch ausgehöhlt. Diese Maßnahmen greifen in die Rechte der Nutzer ein und führen zu einer eingeschränkten Benutzbarkeit alter Exemplare von Kulturgütern. Sie sind deshalb abzulehnen. Als erster Schritt muss die Umgehung dieser Maßnahmen seitens der Nutzer und die Bereitstellung von Software zu diesem Zweck wieder legalisiert werden.
Stärkung der Gemeinfreiheit
Gemeinfreie Werke bilden unseren gemeinsamen Kulturschatz und sind zu schützen, wie in dem 2010 von der Piratenpartei Deutschland unterzeichneten Public Domain Manifesto dargelegt. Bildung und Forschung haben einen besonderen Wert für die Gesellschaft, der über die kommerziellen Interessen der Urheber zu stellen ist, weshalb wir für eine Befreiung der Bildungseinrichtungen von Urheberrechtsabgaben durch Schranken für die Nutzung zu Bildungs- und Wissenschaftszwecken eintreten.
Freier Zugang zu staatlich finanzierten Werken
Besonders im wissenschaftlichen Bereich werden Werke meist in staatlich finanzierten Einrichtungen erstellt, aber in kommerziell vertriebenen Zeitschriften veröffentlicht, die nicht einmal Bildungseinrichtungen kostenfrei zur Verfügung gestellt werden. Wird ein Werk durch den Staat – und somit die Gesellschaft – finanziert, so muss diese den durch Steuern bereits bezahlten freien Zugang dazu erhalten. Das trifft auch auf amtliche Werke zu, bei denen das Urheberrecht als Vorwand verwendet werden kann, um Transparenz zu verhindern sowie auf durch öffentliche Gelder geförderte Kunst. Was die Öffentlichkeit bezahlt, muss der Öffentlichkeit gehören.
Im Einzelnen fordern wir:
- dass keine Überwachungs- oder Zensurtechnologien wie Vorratsdatenspeicherung, Kommunikationsüberwachung oder Internetsperren zur Rechtedurchsetzung eingesetzt werden,
- die Verkürzung von gesetzlichen Schutzfristen, die in ihrer bisherigen Länge vor allem den Verwertern zugute kommen,
- dass keine Beschränkungen durch Kopierschutzmaßnahmen oder gar Sperrungen von Internetanschlüssen erfolgen,
- mehr Mitspracherechte für Urheber gegenüber den Rechteverwertern wie ein Zweitverwertungsrecht oder eine zeitliche Begrenzung von »Buy-Out«-Verträgen,
- eine neue Schrankenregelung des Urheberrechts, die das freie, nichtkommerzielle Kopieren von kreativen Werken im Internet legalisiert,
- eine zeitgemäße digitale Archivierung für Bibliotheken,
- die Befreiung der Bildungseinrichtungen von Urheberrechtsabgaben,
- den freien Zugang zu mit öffentlichen Geldern finanzierten Inhalten wie bspw. wissenschaftliche Arbeiten oder Medien der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten,
- die Legalisierung privater offener (WLAN-)Netzwerke durch die Abschaffung der Störerhaftung.
10 Mythen zur Piratenpartei und der Urheberrechtsdebatte
1) Die Piraten wollen das Urheberrecht abschaffen
Nein.
Richtig ist:
Die Piraten wollen das Urheberrecht reformieren, dass es einen Ausgleich zwischen den finanziellen Interessen der Urheber und den Interessen der Allgemeinheit an den kulturellen Werken widerspiegelt. Die zentrale Forderung dabei ist die Freigabe der nichtkommerziellen Vervielfältigung, da ein Verbot selbiger nur durch die Bespitzelung von privatem Datenverkehr oder Angriffe auf die freie Struktur des Netzes durchsetzbar ist.
2) Die Piraten wollen nicht, dass Urheber Geld verdienen
Nein.
Richtig ist:
Die Piraten haben überhaupt kein Problem damit, dass irgendwer Geld verdient. Kommerzielles Schaffen ist nicht verwerflich. Niemand verkauft seine Seele, weil er ein Album in die CD-Regale oder einen Film in die Kinos bringt. Jeder darf selbst entscheiden, ob und wie er seine Arbeit vermarktet, er kann dabei aber nicht verlangen, dass das Gesetz nur nach seinem Geschäftsmodell ausgerichtet wird.
3) Die Piraten wollen nur alles umsonst
Nein.
Richtig ist:
Niemand verlangt, dass alle Urheber kostenlos Werke schaffen. Die Nutzer sind in der deutlichen Mehrheit bereit, Geld für Kulturgüter auszugeben. Aus diesem Grund funktionieren die meisten derzeitigen Geschäftsmodelle immer noch sehr gut. Weiterhin gibt es viele neue Geschäftsmodelle, wie Crowdfunding, Social Payment, Werbefinanzierung und den Verkauf nicht digital kopierbarer Dinge, wie Sammlerstücke, handsignierte Exemplare, Merchandiseartikel, Auftritte usw. Alle Geschäftsmodelle, welche die nichtkommerzielle Vervielfältigung unbeschränkt lassen möchten, werden von den Piraten als unterstützenswert betrachtet.
4) Die Piraten sind für Plagiate
Nein.
Richtig ist:
Die Piraten erkennen die Urheberpersönlichkeitsrechte vollumfänglich an. Diese umfassen die korrekte Angabe des Urhebers, das Recht auf Erstveröffentlichung und den Schutz vor Entstellung. Die korrekte Angabe des Urhebers ist die Grundlage für Respekt und finanzielle Wertschätzung. Sich mit fremden Federn zu schmücken ist glatter Betrug, den wir scharf verurteilen.
5) Die Piraten haben sich noch nie mit Urhebern auseinandergesetzt
Nein.
Richtig ist:
Viele der Piraten sind selbst Urheber und kennen die Probleme, die real auftreten, sehr gut. Viele Urheber haben ein offenes Ohr bei den Piraten und können über offene Kommunikationsstrukturen mitteilen, wie wir ihre Interessen berücksichtigen können.
6) Die Piraten sind dafür, dass jeder sein Werk kostenlos ins Internet stellen muss
Nein.
Richtig ist:
Jeder Urheber soll selbst entscheiden, ob er sein Werk ins Internet stellt oder es nur einem begrenzten Empfängerkreis zugänglich macht. Veröffentlicht er es allerdings, dann soll jeder das Recht haben, es für nichtkommerzielle Zwecke zu nutzen und weiterzuverbreiten. Sobald aber damit kommerzielle Interessen verfolgt werden, sollen die Urheber entsprechend beteiligt werden oder dies untersagen können.
7) Die Piraten wollen dem stetig schrumpfenden Kulturgütermarkt den Todesstoß versetzen
Nein.
Richtig ist:
Der Kulturgütermarkt wächst und das obwohl seit der Erfindung des Tonfilms, jede technische Neuerung vom Tonband über die Musikkassette bis zum CD-Brenner und zuletzt dem Internet als dessen Untergang verrufen wurde. Noch nie war es möglich, mit beliebten Kulturgütern so enorme Einnahmen zu erzielen. Dieser Einnahmenzuwachs war erst möglich, als sich Tauschbörsen und Streaming-Portale immer schneller verbreitet haben. Fragen Sie sich selbst: Wann gab es in letzter Zeit ein Jahr ohne neue Bestseller, erfolgreiche Bands, aufwendig produzierte Videospiele oder Blockbuster im Kino?
Ein paar Quellen:
Wissenschaftliche Untersuchungen zur Auswirkung von Filesharing:
Fakten zum Kulturgütermarkt:
8) Die Piraten können nicht zwischen wissenschaftlichen Informationen und Kultur unterscheiden
Nein.
Richtig ist:
Diese Unterscheidung ist machbar, jedoch nicht unbedingt zielführend. Informationen, welche den Einzelnen und die Gesellschaft weiter bringen, sind sowohl in wissenschaftlichen Veröffentlichungen zu finden wie auch in Fantasyromanen, Film-Blockbustern und Videospielen, welche natürlich auch wissenschaftliche Erkenntnisse aufgreifen und den Konsumenten so auf einfachere Art und Weise verständlich machen. Das Urheberrecht schützt Werke der Wissenschaft und der Kunst gleichermaßen.
9) Die Piraten wollen nur noch Mainstream-Kultur und verachten Nischenkultur
Nein.
Richtig ist:
Nischenkultur ist – wie auch der Name sagt – nur in einer Marktnische zu finden. Unbekannte Künstler haben es schwer, auf dem Markt Fuß zu fassen. Das ist auch bereits heute so und wird nicht erst mit den angestrebten Urheberrechts-Reformzielen der Piratenpartei so werden. Aber das Internet gibt »kleinen« Künstlern und Nischenkünstlern eine völlig neue Möglichkeit, sich zu vermarkten und (zahlende) Fans zu gewinnen. Die Piraten sehen explizit im Filesharing eine Möglichkeit, Kultur abseits des Mainstreams zu fördern. Dazu darf Filesharing aber nicht verteufelt werden.
10) Wenn nichtkommerzielles Kopieren und Verbreiten erlaubt ist, kann man keine Einnahmen mehr mit geistigen Werken erzielen.
Nein.
Richtig ist:
In einer Welt, in der eine einzige digitale Kopie im Internet dafür ausreicht, die komplette Menschheit unerschöpflich mit einem geistigen Werk zu versorgen, ist es sinnvoll, zusätzlich Geschäftsmodelle zu nutzen, die mit jener freizügigen Kulturgüterverbreitung arbeiten oder von ihr profitieren. Man kann die Erstveröffentlichung an sich verkaufen, man kann sich die Produktion eines geistigen Werkes von den Nutzern vorfinanzieren lassen, man kann direkte freiwillige Zahlungsmöglichkeiten zwischen Urhebern und Nutzern anbieten, man kann die Verbreitung geistiger Werke mit Werbefinanzierungsansätzen kombinieren, etc. Die Chancen, welche sich dadurch ergeben, sind gewaltig: Jeder kann jederzeit von überall auf alles zugreifen und auch direkt in die Werke hineinverlinken, um einzelne Informationen darin gezielt zu verbreiten. Erst so kann der Fortschritt durch die neuen technischen Möglichkeiten wirklich ausgiebig genutzt werden.
Weitere Informationen zu unseren Positionen im Detail finden sich außerdem im Pressereader inklusive wissenschaftlicher Quellen und einer Erklärung von Geschäftsmodellen [1] sowie in der im Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2013 verlinkten Detailausarbeitung zur Urheberrechtsreform [2], welche sich mit jedem einzelnen Paragraphen befasst.
Da immer wieder Missverständnisse zu unseren Positionen in der Urheberrechtsdebatte auftreten, möchten wir an dieser Stelle im Detail darauf eingehen.
Allgemein
Die technische Entwicklung der letzten Jahrzehnte bringt Veränderungen mit sich, die eine Anpassung bestehender Gesetze und Vorstellungen erfordern. Insbesondere im Urheberrecht ist die Notwendigkeit solcher Veränderungen deutlich. Die Forderung nach einer Liberalisierung und Modernisierung der bestehenden Urheberrechtsgesetze gehört zu den Gründungsthemen der Piratenbewegung und stellt nach wie vor einen der Kernpunkte des Programms und der Identität der Piraten dar.
Die Piratenpartei achtet die individuelle Freiheit als hohes Gut und möchte den Konsumenten beziehungsweise die Allgemeinheit unmittelbar in die Verantwortung nehmen, auch in Zeiten der möglichen kostenlosen Vervielfältigung, Leistungen angemessen zu honorieren. Wir stehen gegen Bestrebungen, alle Nutzer von Tauschbörsen zu kriminalisieren und die individuelle Freiheit im Internet durch weitreichende Verbote und Überwachung zu beschneiden. Unser Ziel ist es, einen fairen Ausgleich zwischen Urhebern und Nutzern zu erreichen und somit die Schaffung von Kunst, Kultur und Wissenschaft auch in Zukunft zu fördern.
Urheber- und Verwertungsrechte
In Deutschland, anders als beispielsweise in den USA, wird zwischen dem Urheberpersönlichkeitsrecht und den Verwertungsrechten unterschieden. Erstere umfassen die persönlichen Rechte des Urhebers an seinem Werk, sie sind unveräußerlich. Die Verwertungsrechte sind hingegen handelbar. Der Urheber kann sie an einen Rechteverwerter (Verlag, Plattenlabel) in Teilen oder als Ganzes (in einem sogenannten Buyout-Vertrag) veräußern. Dazu gehören Vervielfältigungsrechte, Nutzungsrechte, Zweitverwertungsrechte und Ähnliches.
Die im Urheberrechtsgesetz festgeschriebenen Regelungen schränken die Rechte der Allgemeinheit an der Verwendung von Wissen und Informationen ein. Eine solche Einschränkung ist in gewissem Umfang gerechtfertigt, falls sie den Interessen der Urheber von Werken dient. Keinesfalls aber darf sie einseitig zugunsten wirtschaftlicher Interessen Dritter stattfinden. Die derzeitigen Regelungen führen trotz eines stetig wachsenden Kulturgütermarktes bisher noch selten dazu, dass die Urheber angemessen an den daraus entstehenden Einnahmen beteiligt werden. Daher setzen wir uns für eine Stärkung der Urheber gegenüber Rechteverwertern in Form eines Urhebervertragsrechtes ein.
Privatkopie und nichtkommerzielle Vervielfältigung
Für die Freigabe von nichtkommerziellen Vervielfältigungen sprechen aus unserer Sicht zwei gewichtige Argumente:
1. Der freie Zugang zu Wissen und Kultur ist entscheidend für die Entwicklung der Gesellschaft. Ihn aus rein wirtschaftlichen Überlegungen einzuschränken, ist gesellschaftlich nicht tragbar. Mit der Entwicklung immer neuer Technologien (vom Buchdruck zu Ton- und Videoaufnahme bis schließlich hin zur Digitalisierung und des Internets) wird die Verbreitung von Informationen fortwährend erleichtert. Das ist eine begrüßenswerte Entwicklung, die gefördert und nicht durch Gesetze verhindert werden darf.
2. Immer wieder aufkommende Vorschläge zu Maßnahmen wie Vorratsdatenspeicherung, Netzsperren oder Sperrung von Internetanschlüssen ganzer Haushalte in Verbindung mit Urheberrechtsverletzungen zeigen, dass die restriktive Durchsetzung von Urheberrechten im nichtkommerziellen Bereich eine Überwachungsinfrastruktur im Internet, eine Einschränkung der Kommunikationsfreiheit und Eingriffe in die Privatsphäre der Bürger erfordern würde, die weder akzeptabel noch verhältnismäßig sind.
Zahlreiche Studien belegen berechtigte Zweifel an der von Wirtschaftsverbänden verbreiteten Vorstellung, den Kreativen würden durch Filesharing erhebliche Verluste entstehen. Einige Studien zeigen sogar das Gegenteil. Insbesondere werden immer wieder die positiven Effekte der freien Verfügbarkeit von Inhalten ausgeblendet und bestehende Vertriebs- und Geschäftsmodelle als einziger Maßstab genommen. Die großen Unternehmen der Branche widmen sich eher dem Kampf gegen eine freiere Verbreitung von Kulturgütern, statt die Weiterentwicklung zeitgemäßer Modelle voranzutreiben.
Insgesamt sehen wir keinerlei Beleg dafür, dass durch die Entkriminalisierung von Filesharing ein Einbruch in den kreativen Branchen stattfindet. Die Verbreitung von Tauschbörsen ist bereits jetzt so hoch, dass ein solcher Einbruch schon hätte stattfinden müssen, was jedoch ausgeblieben ist – im Gegenteil wächst der Kulturgütermarkt beständig, lediglich der Absatz unzeitgemäßer Medien, wie Musik-Kassetten und -CDs, wurde schwieriger.
Das Recht auf Privatkopie, das zwar formell im UrhG §53 gegeben ist und die Grundlage für die Erhebung von Abgaben auf Leermedien und Kopiergeräte darstellt, wird durch Kopierschutzmaßnahmen systematisch ausgehöhlt. Diese Maßnahmen greifen in die Rechte der Nutzer ein und führen zu einer eingeschränkten Benutzbarkeit alter Exemplare von Kulturgütern. Sie sind deshalb abzulehnen. Als erster Schritt muss die Umgehung dieser Maßnahmen seitens der Nutzer und die Bereitstellung von Software zu diesem Zweck wieder legalisiert werden.
Stärkung der Gemeinfreiheit
Gemeinfreie Werke bilden unseren gemeinsamen Kulturschatz und sind zu schützen, wie in dem 2010 von der Piratenpartei Deutschland unterzeichneten Public Domain Manifesto dargelegt. Bildung und Forschung haben einen besonderen Wert für die Gesellschaft, der über die kommerziellen Interessen der Urheber zu stellen ist, weshalb wir für eine Befreiung der Bildungseinrichtungen von Urheberrechtsabgaben durch Schranken für die Nutzung zu Bildungs- und Wissenschaftszwecken eintreten.
Freier Zugang zu staatlich finanzierten Werken
Besonders im wissenschaftlichen Bereich werden Werke meist in staatlich finanzierten Einrichtungen erstellt, aber in kommerziell vertriebenen Zeitschriften veröffentlicht, die nicht einmal Bildungseinrichtungen kostenfrei zur Verfügung gestellt werden. Wird ein Werk durch den Staat – und somit die Gesellschaft – finanziert, so muss diese den durch Steuern bereits bezahlten freien Zugang dazu erhalten. Das trifft auch auf amtliche Werke zu, bei denen das Urheberrecht als Vorwand verwendet werden kann, um Transparenz zu verhindern sowie auf durch öffentliche Gelder geförderte Kunst. Was die Öffentlichkeit bezahlt, muss der Öffentlichkeit gehören.
Im Einzelnen fordern wir:
10 Mythen zur Piratenpartei und der Urheberrechtsdebatte
1) Die Piraten wollen das Urheberrecht abschaffen
Nein.
Richtig ist:
Die Piraten wollen das Urheberrecht reformieren, dass es einen Ausgleich zwischen den finanziellen Interessen der Urheber und den Interessen der Allgemeinheit an den kulturellen Werken widerspiegelt. Die zentrale Forderung dabei ist die Freigabe der nichtkommerziellen Vervielfältigung, da ein Verbot selbiger nur durch die Bespitzelung von privatem Datenverkehr oder Angriffe auf die freie Struktur des Netzes durchsetzbar ist.
2) Die Piraten wollen nicht, dass Urheber Geld verdienen
Nein.
Richtig ist:
Die Piraten haben überhaupt kein Problem damit, dass irgendwer Geld verdient. Kommerzielles Schaffen ist nicht verwerflich. Niemand verkauft seine Seele, weil er ein Album in die CD-Regale oder einen Film in die Kinos bringt. Jeder darf selbst entscheiden, ob und wie er seine Arbeit vermarktet, er kann dabei aber nicht verlangen, dass das Gesetz nur nach seinem Geschäftsmodell ausgerichtet wird.
3) Die Piraten wollen nur alles umsonst
Nein.
Richtig ist:
Niemand verlangt, dass alle Urheber kostenlos Werke schaffen. Die Nutzer sind in der deutlichen Mehrheit bereit, Geld für Kulturgüter auszugeben. Aus diesem Grund funktionieren die meisten derzeitigen Geschäftsmodelle immer noch sehr gut. Weiterhin gibt es viele neue Geschäftsmodelle, wie Crowdfunding, Social Payment, Werbefinanzierung und den Verkauf nicht digital kopierbarer Dinge, wie Sammlerstücke, handsignierte Exemplare, Merchandiseartikel, Auftritte usw. Alle Geschäftsmodelle, welche die nichtkommerzielle Vervielfältigung unbeschränkt lassen möchten, werden von den Piraten als unterstützenswert betrachtet.
4) Die Piraten sind für Plagiate
Nein.
Richtig ist:
Die Piraten erkennen die Urheberpersönlichkeitsrechte vollumfänglich an. Diese umfassen die korrekte Angabe des Urhebers, das Recht auf Erstveröffentlichung und den Schutz vor Entstellung. Die korrekte Angabe des Urhebers ist die Grundlage für Respekt und finanzielle Wertschätzung. Sich mit fremden Federn zu schmücken ist glatter Betrug, den wir scharf verurteilen.
5) Die Piraten haben sich noch nie mit Urhebern auseinandergesetzt
Nein.
Richtig ist:
Viele der Piraten sind selbst Urheber und kennen die Probleme, die real auftreten, sehr gut. Viele Urheber haben ein offenes Ohr bei den Piraten und können über offene Kommunikationsstrukturen mitteilen, wie wir ihre Interessen berücksichtigen können.
6) Die Piraten sind dafür, dass jeder sein Werk kostenlos ins Internet stellen muss
Nein.
Richtig ist:
Jeder Urheber soll selbst entscheiden, ob er sein Werk ins Internet stellt oder es nur einem begrenzten Empfängerkreis zugänglich macht. Veröffentlicht er es allerdings, dann soll jeder das Recht haben, es für nichtkommerzielle Zwecke zu nutzen und weiterzuverbreiten. Sobald aber damit kommerzielle Interessen verfolgt werden, sollen die Urheber entsprechend beteiligt werden oder dies untersagen können.
7) Die Piraten wollen dem stetig schrumpfenden Kulturgütermarkt den Todesstoß versetzen
Nein.
Richtig ist:
Der Kulturgütermarkt wächst und das obwohl seit der Erfindung des Tonfilms, jede technische Neuerung vom Tonband über die Musikkassette bis zum CD-Brenner und zuletzt dem Internet als dessen Untergang verrufen wurde. Noch nie war es möglich, mit beliebten Kulturgütern so enorme Einnahmen zu erzielen. Dieser Einnahmenzuwachs war erst möglich, als sich Tauschbörsen und Streaming-Portale immer schneller verbreitet haben. Fragen Sie sich selbst: Wann gab es in letzter Zeit ein Jahr ohne neue Bestseller, erfolgreiche Bands, aufwendig produzierte Videospiele oder Blockbuster im Kino?
Ein paar Quellen:
Wissenschaftliche Untersuchungen zur Auswirkung von Filesharing:
Fakten zum Kulturgütermarkt:
8) Die Piraten können nicht zwischen wissenschaftlichen Informationen und Kultur unterscheiden
Nein.
Richtig ist:
Diese Unterscheidung ist machbar, jedoch nicht unbedingt zielführend. Informationen, welche den Einzelnen und die Gesellschaft weiter bringen, sind sowohl in wissenschaftlichen Veröffentlichungen zu finden wie auch in Fantasyromanen, Film-Blockbustern und Videospielen, welche natürlich auch wissenschaftliche Erkenntnisse aufgreifen und den Konsumenten so auf einfachere Art und Weise verständlich machen. Das Urheberrecht schützt Werke der Wissenschaft und der Kunst gleichermaßen.
9) Die Piraten wollen nur noch Mainstream-Kultur und verachten Nischenkultur
Nein.
Richtig ist:
Nischenkultur ist – wie auch der Name sagt – nur in einer Marktnische zu finden. Unbekannte Künstler haben es schwer, auf dem Markt Fuß zu fassen. Das ist auch bereits heute so und wird nicht erst mit den angestrebten Urheberrechts-Reformzielen der Piratenpartei so werden. Aber das Internet gibt »kleinen« Künstlern und Nischenkünstlern eine völlig neue Möglichkeit, sich zu vermarkten und (zahlende) Fans zu gewinnen. Die Piraten sehen explizit im Filesharing eine Möglichkeit, Kultur abseits des Mainstreams zu fördern. Dazu darf Filesharing aber nicht verteufelt werden.
10) Wenn nichtkommerzielles Kopieren und Verbreiten erlaubt ist, kann man keine Einnahmen mehr mit geistigen Werken erzielen.
Nein.
Richtig ist:
In einer Welt, in der eine einzige digitale Kopie im Internet dafür ausreicht, die komplette Menschheit unerschöpflich mit einem geistigen Werk zu versorgen, ist es sinnvoll, zusätzlich Geschäftsmodelle zu nutzen, die mit jener freizügigen Kulturgüterverbreitung arbeiten oder von ihr profitieren. Man kann die Erstveröffentlichung an sich verkaufen, man kann sich die Produktion eines geistigen Werkes von den Nutzern vorfinanzieren lassen, man kann direkte freiwillige Zahlungsmöglichkeiten zwischen Urhebern und Nutzern anbieten, man kann die Verbreitung geistiger Werke mit Werbefinanzierungsansätzen kombinieren, etc. Die Chancen, welche sich dadurch ergeben, sind gewaltig: Jeder kann jederzeit von überall auf alles zugreifen und auch direkt in die Werke hineinverlinken, um einzelne Informationen darin gezielt zu verbreiten. Erst so kann der Fortschritt durch die neuen technischen Möglichkeiten wirklich ausgiebig genutzt werden.
Weitere Informationen zu unseren Positionen im Detail finden sich außerdem im Pressereader inklusive wissenschaftlicher Quellen und einer Erklärung von Geschäftsmodellen [1] sowie in der im Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2013 verlinkten Detailausarbeitung zur Urheberrechtsreform [2], welche sich mit jedem einzelnen Paragraphen befasst.
Quellen:
[1] Pressereader: https://piratenpartei-bayern.de/files/2010/09/Reader_Urheberrecht_Piraten_2012.pdf
[2] Wahlprogramm Bundestagswahl 2013 http://wiki.piratenpartei.de/Bundestagswahl_2013/Wahlprogramm#Urheberrecht